Kündigt ein Arbeitgeber wegen krankheitsbedingten Gründen muss er nachweisen, dass der Arbeitnehmer in der Zukunft voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen (negative Gesundheitsprognose). Er muss weiterhin darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass es dadurch zu betrieblichen Beeinträchtigungen kommt und das dass bei einer Interessenabwägung die betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen.

Vor dem Ausspruch einer solchen Kündigung hat der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchzuführen. Wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines bereits durchgeführten bEM erneut länger als sechs Wochen durchgängig oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt, muss der Arbeitgeber das bEM wiederholen.

Anderenfalls trägt er die Darlegungs– und Beweislast dafür, dass ein zweites bEM nutzlos gewesen wäre.

Dies hat das Landesarbeitsgericht Baden–Württemberg mit Urteil vom 10.02.2022 (AZ: 17 Sa 57/21) entschieden.

Dies bedeutet für die Praxis, dass ein einmalig durchgeführtes betriebliches Eingliederungsmanagement dann nicht ausreichend ist, um eine negative Gesundheitsprognose zu rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nach Ablauf der Jahresfrist erneut erkrankt und dann die Kündigung ausgesprochen werden soll.

Der Nachweis der objektiven Nutzlosigkeit eines weiteren betrieblichen Eingliederungsmanagement dürfte sehr schwer sein.

Die Rechtsgrundlage für diese Rechtsprechung ist eine sozialrechtliche Vorschrift, nämlich § 167 Abs. 2 SGB XII.

Dieser lautet:

§ 167 SGB XII Prävention

(2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Beschäftigte können zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen. Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Absatz 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.

Unser Fazit für die Praxis: Lieber einmal mehr ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen, auch wenn es für alle Beteiligten Arbeit macht.

Falls Sie Fragen zum Thema haben, dürfen Sie sich gern an uns wenden.