Ein Jahr nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.06.2018, in welcher das Bundesverfassungsgericht die jahrelange Entscheidungspraxis des Bundesarbeitsgerichts zum Befristungsverbot bei Vorbeschäftigung für verfassungswidrig erklärte, hat das Bundesarbeitsgericht erneut zum Thema Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne Sachgrund entschieden.
Noch einmal zur Erinnerung: die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, es sei denn, es hat mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden (§ 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TzBfG.).
Seit dem Jahr 2011 wurde dieser Gesetzestext vom Bundesarbeitsgericht so angewendet, dass eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses doch möglich war, wenn das vorangegangenes Arbeitsverhältnis länger als drei Jahre zurücklag (BAG Urteil vom 21.09.2011, A7 AZR 375/10).
Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt, weil sie ganz offensichtlich den Gesetzestext ignorierte. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings ein Hintertürchen offengelassen und dem Grunde nach Vorbeschäftigungen beim selben Arbeitgeber zugelassen, wenn sowohl ein Interesse des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers an einer befristeten Neuanstellung besteht. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn eine ehemalige Beschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.06.2018,1 BVL 7/14 u.a.).
Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr am 22.08.2019 (7 AZR 452/17) entschieden, dass bei einer Vorbeschäftigung, die fast 22 Jahre zurückliegt, das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht mehr zumutbar ist. Nach einer solchen Zeitspanne bestehe keine Gefahr der Kettenbefristung und es sei der vom Gesetzgeber mit der Regelung verfolgte Zweck, das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten, nicht gefährdet.
Damit haben die Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein Jahr nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einen Anhaltspunkt, wann das Befristungsverbot nicht anzuwenden ist. Nach 22 Jahren darf man wieder sachgrundlos befristen!